Ortsbildschutz a la Fürstenfeld – Teil 3

In den Newsletter Ortsbildschutz a la Fürstenfeld - Teil 1 vom 21.2.2023 und Ortsbildschutz a la Fürstenfeld - Teil 2 vom 18.5.2023 haben wir die 1. Schalkgründe Bergkammstraße, 2. Parkvillen und 3. Feistritzgasse abgehandelt und im Vorwort das Richter-Siegel-Tool erörtert. Für alle, die neu zur Leserschaft gekommen sind oder sich nicht mehr daran erinnern, hier die Links zu den ersten beiden Newslettern:

Link zum Newsletter vom 21.2.2023

Link zum Newsletter vom 19.5.2023

 

Im aktuellen Newsletter geht es um das desaströse Ensemble von der Raika bis zum Unimarkt-Gebäude, um unseren, immer mehr gewöhnungsbedürftigen Hauptplatz und es gibt eine kleine Ergänzung zur Feistritzgasse.

 

  1. Neue Raiffeisenkasse / Unimarkt-Gebäude

Am Kreisverkehr Stadtzugplatz konnten wir im letzten Jahr mit Entsetzen verfolgen, wie eine neue Raiffeisenkasse in den Himmel wuchs: Ein Monumentalbau, wie er protziger nicht sein könnte. Abgesehen davon, dass in unserem Jahrtausend mindestens 95 % aller Bankgeschäfte über Internet erledigt werden und daher Bankgebäude immer weniger wichtig sind, werden mit solch unsinnigen Bauvorhaben nur die Zinsen der Sparer und Kreditnehmer verprasst. Dieser Klotz passt vielleicht nach Wien-Simmering aber nicht nach Fürstenfeld. Wo hat da der Ortsbildsachverständige wohl hingesehen und welche Gründe gab es, um das Ortsbildschutzkonzept von Fürstenfeld so zu unterlaufen?

 

Vielleicht gibt es dafür einen ganz einfachen Grund, warum dieser Bau möglich wurde und der Ortsbildschutz nicht gegriffen hat: Der Direktor der Raiffeisenbank Fürstenfeld ist der Bruder des Bürgermeisters.

Ein Detail am Rande: Trotz dieses Mega-Umbaus hat man es nicht geschafft, die benötigten Parkplätze am eigenen Grundstück unterzubringen, wie es das Steiermärkische Baugesetz verlangt. Ein Kastner & Öhler in Graz zum Beispiel hat auch innerhalb eines Bestandgebäudes eine Tiefgarage gebaut. Dieser Verpflichtung hat man sich mit der Auslagerung von Parkplätzen auf die Feistritzgasse entzogen. Der Bruder wird´s schon richten ...

 

Gleich gegenüber dem Stadtpark (verdient er diesen Namen überhaupt noch?) wurde in den letzten Jahren auch ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet, das so gar nicht in eine Kleinstadt wie Fürstenfeld passt, bei dem aber wahrscheinlich wieder einige Investoren und Immobilienhändler gut verdienen.

Wenn man den dort sowieso schon verbauten Platz für ein neues Gebäude nützen wollte, so hätte es sicher andere Möglichkeiten gegeben, die auch dem Ortsbildschutz entsprochen und die vor allem auf bestehende Nachbargebäude Rücksicht genommen hätten. Aber Hauptsache, ein Architekt Richter bekommt seinen Lohn als sogenannter „Ortsbildsachverständiger“ und bleibt dies weiter, indem er den bauwütigen und rücksichtslosen Bürgermeistern zu Kreuze kriecht.

 

  1. Hauptplatz

Der Fürstenfelder Hauptplatz wurde 2022 im Kleine Zeitung-Bewerb "Schönster Hauptplatz der Steiermark" auf den 2. Platz gewählt, beim Gemeindewettbewerb "Orte der gelebten Geschichte" wurde Fürstenfeld mit dem 1. Preis ausgezeichnet und Fürstenfeld ist Mitglied der Werbegemeinschaft der "Kleinen historischen Städte Österreichs" (KHS).

Sieht man sich die Geschichte des Fürstenfelder Hauptplatzes an, so war dieser ursprünglich der Exerzierplatz der Platzkaserne (heute Kastner & Öhler) und als solcher ein freier Platz. Bis in die 1980er Jahre war er auch der, ausschließlich durch die Mariensäule und die Alleebäume geprägte, zentrale Platz. Dieser wurde dann, als mehr Autos gekommen sind, eine Zeit lang als Parkplatz genutzt. Nach dem Bau der Tiefgarage vor ca. 40 Jahren war er wieder leer.

Irgendwann Anfang der 1980er Jahre ist dann ein Würstelstand auf Rädern aufgetaucht, also mobil und jederzeit entfernbar. Darüber hat sich auch niemand aufgeregt.

In der Zwischenzeit hat die Bauwut auch den Hauptplatz erwischt. Es gibt dort mittlerweile

- 3 Tiefgaragenabgänge mit je einem eigenen Bauwerk

- der einstige Würstelstand hat sich zu einer großvolumigen Gastwirtschaft entwickelt

- 2023 wurde eine WC-Anlage neu gebaut, obwohl es ca. 90m entfernt eine neu errichtete WC-Anlage am Augustinerplatz gibt.

- Neben einem Tiefgaragenabgang wurde ein Lagergebäude errichtet.

 

Verglichen mit anderen historischen Plätzen, die eine freie Sicht nach allen Seiten ermöglichen, ist unser ehemals schöner und großzügiger Hauptplatz schon ziemlich verhüttelt.

Was kommt als nächstes? Wann wird das Lagergebäude wegen gestiegenen Raumbedarfs vergrößert, z.B. um auch Bühnenelemente unterzubringen? Die Gastwirtschaft benötigt noch einen Müllraum, die Punschverkäufer am Weihnachtsmarkt einen Geschirrspülraum, das Thermenlandcafé vielleicht ein Sessel-/Tischelager, ...

Es wäre an der Zeit angesichts des noch halbwegs erhaltenen Platzes einen Schlussstrich zu ziehen. Angesichts der Leerstände in den umliegenden geschlossenen Häuserzeilen könnten Gastronomie, Lagerräume und WC´s auch dort Platz finden.

 

  1. Parkplatz Feistritzgasse – ein Symbol falscher Umwelt- und Verkehrspolitik

Zuerst die lustige Seite:

Seit letzten Freitag ist der neue Parkplatz in der Feistritzgasse offiziell eröffnet. Wie die Kleine Zeitung zu berichten weiß, hat sich Bgm. Jost darüber wie ein Schneekönig gefreut und dieser schrecklich-schönen Ökokatastrophe (Bodenversiegelung, schöner alter Baumbestand samt Vogelwelt weg, ...) auch gleich einen liebvollen Namen gegeben: „Platzl“. Das gefällt uns, nur halten wir „Platzl“ für zu wenig klar definiert und zu unpersönlich, da es in unserer Stadt mehrere Platzl gibt (z.B. Hauptplatzl oder Augustinerplatzl). Aus diesem Grund und weil es schlussendlich doch ein „Kind“ von Franz Jost ist, haben wir versucht Jost + Platzl unter einen Hut zu bringen und haben uns auf Jostl geeinigt, weil das ein schöner Namen für den neuen Parkplatz ist und er auch zu ihm passt. So möge dieser neue Parkplatz in der Feistritzgasse also Jostl heißen. Das ist kurz, prägnant und es merkt sich jeder ...

 

Und nun zum Ernst der Lage:

Leider haben Bgm. Jost und seine Gemeinderäte (außer den Grünen) noch immer nicht begriffen, dass sie sich damit als absolut rückständig geoutet haben.

Die Zeiten, in denen unsere Städte mit aller Gewalt für die Autolawinen hergerichtet wurden, sind schon lange vorbei. Seit Jahrzehnten versuchen verkehrsgeplagte Städte aller Größenordnungen diese Autoplage wieder loszuwerden. Maßnahmen wie Verkehrsbeschränkungen, Einfahrverbote, Einfahrt nur mit Genehmigung oder umweltfreundlichen Fahrzeugen, verkehrsberuhigte Zonen, Rückbau von Straßen und Parkplätzen, Park & Ride-Anlagen am Stadtrand und Shuttlebusse, Fußgängerzonen, Grünanlagen, Parks und vieles andere mehr sollen ein normales und verkehrsbefreites Leben in den Städten wieder ermöglichen.

Nicht das Auto soll die Stadt beherrschen, sondern der Mensch soll sich dort wieder wohlfühlen und auch leben wollen und können.

Fürstenfeld ist da anders: Dank Bgm. Jost sollen noch mehr Autos möglichst weit in die Stadt kommen und dort auch noch den ganzen Tag unnütz wertvolle Grün- und Erholungsflächen verstellen. Noch dazu ist der überwiegende Teil dieses Parkplatzes abgesperrt und nur als Mietparkplatz zu benutzen. Es sind praktisch Privatparkplätze mitten in der Stadt auf öffentlichem Grund, den man so den Bürgerinnen und Bürgern als Lebens- und Erholungsraum weggenommen hat. Das bringt nicht einmal für die Geschäfte in der Innenstadt etwas, weil Kunden und Touristen ja wieder keine Parkmöglichkeit haben.

Aber Bgm. Jost sieht das ja ganz anders: Schon im März 2022 ließ er verkünden, dass der Parkplatz Feistritzgasse zur „erholsamen Freizeitnutzung unmittelbar im innerstädtischen Bereich Fürstenfelds“ beitragen werde. Zum Thema Freizeitnutzung sei angemerkt, dass sich in Fürstenfeld ein Gerücht manifestiert hat, Bgm. Jost habe eine gewisse Vorliebe zum nächtlichen Aufenthalt auf Parkplätzen.

60 % des Areals sollen Grünflächen sein – ob das Gras unter den Autos besonders gut wächst oder den Tieren schmeckt, ist leider noch nicht bekannt (Staub, Ölspuren, ...).

Hätte man die dort gewesene Wiese mit dem halben Geld in einen echten Natur-, Klima- und Erholungsraum mit viel Grünflächen, Bäumen, Parks, Freizeiteinrichtungen, Kinderspielplätzen usw. hergerichtet, dann hätte Fürstenfeld tatsächlich mitten in der Stadt einen Raum geschaffen, der den Menschen ein Mehr an Lebensqualität gebracht hätte. So haben sie halt zu den schon bestehenden 3.500 Parkplätzen in und um Fürstenfeld zusätzliche 136 Abstellplätze für einen Haufen buntes und stinkendes Blech (auch Autos genannt) und Bürgermeister Jost hat einen Urlaubsort mehr. Da das Jostl nun eröffnet ist, warten wir gespannt, wann Jost dort in einem Wohnwagen oder Wohnmobil seinen Urlaub antreten wird.

 

Übrigens:

Um genügend Gäste als Kulisse bei der Eröffnung zu haben, gab es Essen und Trinken auf Gemeindekosten; na ja, die Wirte haben sich zumindest gefreut.

 

Das waren nur einige Beispiele aus der Fürstenfelder Innenstadt, bei denen der Ortsbildschutz zu Grabe getragen wurde, der Ortsbildsachverständige offenbar blind war oder die Pläne nicht gelesen hat und der Bürgermeister als erste Bauinstanz seiner Bauwut freien Lauf ließ.